Tarifvertrag für Ärzte an Unikliniken: Marburger Bund setzt zentrale Forderungen durch
Tarifvertrag Ärzte an Unikliniken: Kompromiss nach zähen Verhandlungen
Mehr Planbarkeit durch Begrenzung der Bereitschafts- und Wochenenddienste
Die starke Arbeitsbelastung ist seit vielen Jahren ein wichtiges Thema in der Ärzteschaft. Der Marburger Bund legte bei den diesjährigen Verhandlungen für den Tarif der Ärzte an der Uniklinik einen Schwerpunkt auf diese Problematik. Insbesondere die ausufernden Bereitschafts- und Wochenenddienste sind vielen Beschäftigten ein Dorn im Auge. Sie zehren an den Kräften und erschweren die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Vielen liegt eine Begrenzung der Arbeitszeit mehr am Herzen als ein höheres Gehalt. Mit den Vereinbarungen im Tarifvertrag Ärzte tragen die Tarifparteien dieser Unzufriedenheit Rechnung. Im neuen Tarif der Ärzte an der Uniklinik begrenzen sie die Anzahl der Bereitschaftsdienste und Wochenenddienste. Ab 01. Oktober 2020 dürfen Arbeitgeber höchstens vier Bereitschaftsdienste im Monat anordnen, ein Mal im Quartal darf ein fünfter Dienst hinzukommen. Zudem dürfen sie Ärzte fortan zu höchstens zwei Wochenenddiensten im Monat verpflichten, pro Quartal ist ein weiterer Dienst erlaubt. Bei den Wochenenddiensten gibt es eine Ausnahme: Wenn ein Ärztemangel die Sicherheit von Patienten gefährdet, dürfen Unikliniken von dieser Regelung abweichen.
Tarif Ärzte Uniklinik schreibt künftig exakte Arbeitszeiterfassung vor
Auch die bisher ungenaue Erfassung von Arbeitszeiten führte bei vielen Klinikärzten und dem Marburger Bund seit vielen Jahren zu Kritik. Der beschlossene Tarif für Ärzte an der Uniklinik bereitet dem ein Ende: Die Kliniken müssen die Arbeitszeiten mit einem elektronischen Zeiterfassungssystem oder einem identisch präzisen Verfahren festhalten. Damit übernimmt dieser Tarifvertrag Ärzte eine Bestimmung, die der Marburger Bund letztes Jahr gegenüber den kommunalen Betreibern von Krankenhäusern durchgesetzt hatte. Konkret bedeutet dieses System der Arbeitszeiterfassung: Die Arbeitszeit ist die Anwesenheit am Arbeitsplatz abzüglich tatsächlich gewährter Pausen. Ärzte entgehen damit dem Ärgernis, unbezahlte Mehrarbeit zu leisten. Zudem haben Klinikärzte ab sofort ein Einsichtsrecht in die Dokumentation der Arbeitszeiten, so können sie Fehler rasch identifizieren und auf eine Korrektur pochen. In Kombination mit der Begrenzung der Bereitschafts- und Wochenenddienste stellt das eine eindeutige Verbesserung der Arbeitsbedingungen dar.
Gehalt Ärzte Uniklinik steigt in drei Stufen um 6,5 %
Auch beim Gehalt der Ärzte an einer Uniklinik einigten sich die beiden Tarifpartner, in diesem Punkt gab es ebenfalls einen umfangreichen Verhandlungsbedarf. Der Marburger Bund drängte auf eine deutliche Lohnerhöhung, die Länder als Arbeitgeber verwiesen auf knappe Kassen. Schließlich trafen sich die Vertragsparteien in der Mitte, sie vereinbarten eine dreistufige Steigerung. Insgesamt erhöht sich das Gehalt für Ärzte and der Uniklinik um 6,5 %. Die erste Erhöhungsstufe mit einem Plus von 2,5 % tritt rückwirkend zum 01. Oktober 2019 in Kraft. Es folgen zwei weitere Gehaltserhöhungen in den beiden Folgejahren zum 01. Oktober um jeweils 2 %. Dieser Tarif für Ärzte an der Uniklinik gilt für einen Zeitraum von 33 Monaten.
Die Reaktionen beider Seiten: Schmerzgrenze und respektables Ergebnis
Nach der Einigung auf den Tarifvertrag Ärzte für Unikliniken zeigten sich beide Tarifpartner erleichtert. Die langwierigen Verhandlungen und die Warnstreiks ließen zwischendurch ein Scheitern befürchten. Mit der gefundenen Lösung können alle Beteiligten leben. Der Verhandlungsführer der Länder, Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers, bezeichnete den Kompromiss als gerade noch verkraftbar. Beide Seiten seien an die Schmerzgrenze gegangen. Dr. Andreas Botzlar als zweiter Vorsitzender des Marburger Bundes sprach von einem respektablen Gesamtergebnis. Die Ärztegewerkschaft kann mit diesem Tarif für Ärzte an der Uniklinik einen weiteren Erfolg feiern: Die Vereinbarung beruft sich auf die Kollisionsnorm des Tarifeinheitsgesetzes, kein Vertrag mit einer anderen kleinen Gewerkschaft kann den Tarifvertrag verdrängen. Damit festigt der Marburger Bund seine Rolle als Interessenvertretung der Klinikärzte, die mit den Arbeitgebern Arbeitsbedingungen und das Gehalt der Ärzte an der Uniklinik verhandelt. Die Arbeitgeber haben in dieser Tarifauseinandersetzung jedoch längst nicht alle Forderungen erfüllt. Perspektivisch setzt sich die Ärztegewerkschaft für eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung sämtlicher Unikliniken ein.
Auch außerhalb der Uniklinik vom Tarifvertrag profitieren
Aber auch dann, wenn Sie selbst derzeit nicht an einer Uniklinik angestellt sind, können Sie als Mediziner vom neuen Tarifvertrag profitieren. Im Rahmen des Karrieremanagements unterstützen wir Sie gerne bei der Suche nach einer passenden Anstellung - dabei arbeiten wir auch mit Unikliniken eng zusammen. Zudem orientieren sich viele unserer Partnerkliniken an den Tarifverträgen des Marburger Bundes und passen Ihre eigenen Verträge hieran an. Sagen Sie uns, was Ihnen wichtig ist - wir kümmern uns um den Rest. Nehmen Sie daher gerne Kontakt auf.
Über den Autor
Sein BWL-Studium mit Schwerpunkt Krankenhausmanagement in Flensburg und Melbourne lenkte den beruflichen Werdegang von Heiko Möller schon früh in die Klinik-Bahnen. In verschiedenen Funktionen sammelte er bei der Paracelsus-Kliniken Deutschland GmbH & Co. KGaA Erfahrungen, unter anderem als Leiter des Zentrums für Tumordiagnostik und Therapie in Osnabrück. Dabei übernahm er in Wirtschaft und Organisation, vor allem aber im Personalbereich, Verantwortung. Immer wieder verkomplizierte die Suche nach hervorragenden Ärzten den Krankenhausbetrieb, kostete Zeit und Nerven. 2011 beschloss er, selber eine funktionale und dynamische Lösung zu schaffen: die Geburtsstunde von BeyondHealth! Heiko Möller vereint langjährige Managementerfahrung mit einem hervorragenden Netzwerk aus Fachkräften und Kliniken und ist damit kompetenter Ansprechpartner rund um Personal- und Gehaltsfragen im Gesundheitswesen.