Interkulturelle Kompetenzen: In der Medizin wichtiger denn je!
Viele Menschen, die derzeit zu uns kommen, flüchten vor Verfolgung, Folter und Krieg. Solche Erlebnisse sind höchst traumatisch und erfordern eine frühzeitige psychotherapeutische Behandlung. Also weg mit bürokratischen Hürden und her mit mehr interkulturellen Kompetenzen! Aber wie soll das genau funktionieren? Die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und ärztliche Psychotherapie (DGPM) hat dazu ein klares Statement!
Trauma ist nicht gleich Trauma
Die erste Zeit in der neuen Umgebung nutzen Geflüchtete eher für die Lösung existentieller Angelegenheiten, wie der Orientierung oder der Anmeldung zu einem Sprachkurs, als für die Suche nach einer Psychotherapie. Auch können bereits verarbeitet geglaubte Erlebnisse noch Jahre später als Posttraumatische Belastungsstörung, Depression oder in Form von Angstzuständen die Betroffenen wieder einholen. Körperliche Leiden wie Brust- oder Magenschmerzen, die keine eindeutigen Ursachen haben, sind ebenfalls Indikatoren dafür, dass ein traumatisches Erlebnis nicht ausreichend aufgearbeitet wurde: „Kulturelle Unterschiede und Sprachprobleme führen häufig dazu, dass Mediziner bei einem Patienten einen möglichen traumatischen Ursprung seiner Beschwerden übersehen, gerade auch bei solchen somatoformen Störungen", bemerkt Prof. Dr. Harald Gündel, Ärztlicher Direktor der Uniklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Ulm und Mediensprecher der DGPM.
Interkulturelle Kompetenzen als Teil der medizinischen Ausbildung
Ehrenamtliche Dolmetscher können Flüchtlinge bei Arztbesuchen effektiv unterstützen. Allerdings sollten freiwillige Helfer dabei auch auf ihre emotionalen Bedürfnisse achten: „Wir haben erkannt, dass wir fachfremde Menschen, deren Hilfe in der Flüchtlingsbetreuung ja essentiell ist, darin unterstützen müssen, ihre Erlebnisse mit den Flüchtlingen zu verarbeiten – ansonsten droht eine sogenannte sekundäre Traumatisierung", betont Prof. Dr. Gündel. Unersetzlich sind hier Ärztinnen und Ärzte mit interkulturellen Kompetenzen. Diese Schlüsselqualifikationen sollten in das Medizinstudium und in die Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten integriert werden, fordert die DGPM. Bis diese Forderungen im Regelcurricula von Ärzten und Psychotherapeuten auftauchen, sind Ärzte aus Drittstaaten unersetzliche Ansprechpartner. Sie beherrschen mehrere Sprachen und können nachvollziehen, wie es ist, neu in Deutschland zu sein.
Frustrierende Bürokratie
„Zahlreiche Modellprojekte zeigten, dass eine frühzeitige Versorgung von Flüchtlingen kostengünstig im Rahmen der Regelversorgung zu leisten ist", erklärt Prof. Dr. Yesim Erim, Leiterin der Abteilung für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin an der Uniklinik Erlangen. Interkulturelle Ambulanzen gibt es beispielsweise seit den 1990er Jahren, auch werden derzeit viele Projekte von der Bundesregierung unterstützt, aber lange Wartezeiten und bürokratische Hürden beeinträchtigen ebenfalls die psychische Gesundheit. „An erster Stelle müssen intensive Integrationsbemühungen in Gesellschaft, Schule und Arbeit stehen. Wenn Flüchtlinge dennoch Symptome psychischer Erkrankungen zeigen, beispielsweise eine Traumafolgestörung, müssen wir passgenaue Behandlungen anbieten. Andernfalls haben wir es sonst womöglich in einigen Jahren mit einer großen Gruppe traumafolgegestörter Menschen zu tun", so Prof. Dr. Erim.
Die DGPM: Ein starker Partner
Die DGPM ist mit ca. 1.400 Mitgliedern die größte Fachgesellschaft für das Fachgebiet der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie in Deutschland. Die Fachgesellschaft setzt sich bundesweit in gesundheitspolitischen Ausschüssen für die berufspolitischen Interessen ihrer Mitglieder ein und fordert eine gerechte Finanzierung der Psychosomatik und der Psychotherapie in der ambulanten und stationären Versorgung. Dabei arbeitet die DGPM stets eng mit anderen Fachgesellschaften und Berufsverbänden zusammen und veranstaltet regelmäßig Fort- und Weiterbildungen sowie einmal jährlich einen wissenschaftlichen Kongress für ihre Mitglieder. Mit dieser geballten Kraft versucht die Fachgesellschaft nun ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig eine zeitnahe psychologische Behandlung von Flüchtlingen mit traumatischen Erfahrungen ist.
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