Der Ratgeber
von BeyondHealth
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Dr. Know beleuchtet die Themen, die angehende und praktizierende Mediziner bewegen: Vom Jobwechsel über die Facharztwahl bis zum Klinikalltag.
Arbeiten bis zum Umfallen? Opt-out-Regelung für Ärzte
Aus drei mach zwei:
Opt-out, yay or nay?
Opt-out, yay or nay?
Sie sind die Marathonläufer des deutschen Arbeitsmarktes: Ärzte in Kliniken erbringen über viele Stunden Höchstleistungen. Und das nicht nur auf medizinischer Ebene, sondern ebenso im Hinblick auf die ausgeprägte Arbeitsbelastung und die investierte Zeit. Die Wirtschaftlichkeit ihrer Arbeit steht dabei für die Kliniken immer mehr im Vordergrund. Was heißt das konkret für den Arbeitsalltag? Ist „Arbeiten bis zum Umfallen“ das übliche Modell? Kann man eine Opt-out-Regelung wieder kündigen? Oder erst gar nicht unterschreiben? Wir haben Wissenswertes rund um diese Sonderregelung zusammengestellt.
Für individuelle Fragen oder auch für ein neues Jobangebot ohne Opt-out wenden Sie sich gerne an unser Karrieremanagement.
Für eine bessere Lesbarkeit wird in unserem Ratgeber auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten immer gleichermaßen für alle Geschlechter.
Fakten zur Opt-out-Regelung
Fluch oder Segen?
Das Vorstellungsgespräch ist geschafft, die Rahmenbedingungen geklärt – und zum Arbeitsvertrag mit der neuen Klinik flattert dem Medizinier direkt die Opt-out-Regelung zur Unterschrift mit auf den heimischen Tisch. Darf nicht sein? Korrekt, wird aber auch heute noch von einigen Häusern so praktiziert.
Grund ist der weitverbreitete Personalmangel in den Kliniken, der die Arbeitsbedingungen immer weiter verschärft. Einfach gesagt: Dank der Opt-out-Regelung werden die Zeiten, die eigentlich drei Ärzte ableisten würden, von nur zwei Personen erbracht. Ohne Opt-out-Regelung ließe sich der Klinikbetrieb in vielen Fällen kaum aufrecht erhalten. Und dennoch ist es wichtig, sich gerade auch zu Anfang der Arztkarriere klar zu machen: Auch mit unterschriebener Opt-out-Regelung geben Sie als Mediziner mit einer solchen Vereinbarung nicht alle Rechte aus dem Arbeitszeitgesetz auf!
Der Begriff „Opt-out“ ist Englisch und bedeutet so viel wie „nicht mitmachen“: Er stammt aus dem Arbeitsrecht und bietet Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Möglichkeit, eine individuell höhere Wochenarbeitszeit als die im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vorgeschriebenen 48 Stunden zu vereinbaren.
Opt-out-Regelung kurz erklärt
Die wöchentliche Höchstarbeitszeit sowie Ruhezeiten und Ruhetage sind im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelt. Dieses Gesetz stellt die Umsetzung der entsprechenden europäischen Richtlinie 2003 in deutsches Recht dar.
Das Arbeitszeitgesetz sieht folgende Regelungen vor:
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Die tägliche Arbeitszeit beträgt maximal 8 Stunden.
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Diese kann durch Mehrarbeit auf nicht mehr als 10 Stunden erhöht werden.
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Die maximale Wochenarbeitszeit darf dabei nicht mehr als 48 Stunden betragen.
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Im Durchschnitt von sechs Monaten (24 Wochen) wird die maximale Wochenarbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten.
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Zwischen den Arbeitstagen sind jeweils 11 Stunden ununterbrochene Ruhezeit einzuhalten.
Durch einzelvertragliche Regelungen kann die wöchentliche Arbeitszeit innerhalb des beschriebenen Rahmens oberhalb von 40 Stunden festgelegt werden. Die 48-Stunden-Grenze darf dabei nur überschritten werden, wenn es sich um regelmäßige Bereitschaftsdienste in erheblichem Umfang handelt. „Opt-out“ bedeutet in diesem Zusammenhang einen teilweisen Verzicht auf die gesetzlich garantierten Arbeitnehmerrechte. Teilweise deshalb, da die vorgeschriebenen Ruhezeiten hiervon nicht berührt sind. Auch sind nach oben hin Grenzen gesetzt. Der Marburger Bund hat sich im Mai 2019 nach zähen Verhandlungsrunden mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VAK) auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Unter anderem sieht dieser Tarifabschluss eine Senkung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 58 auf 56 Stunden bei einer Opt-out-Vereinbarung vor. Grundsätzlich ist laut der EU-Verordnung die Obergrenze von 60 Stunden für alle Klinikbetreiber verpflichtend. Auch hier gilt die durchschnittliche Betrachtung der letzten 6 Monate bzw. 24 Wochen.
Wie sieht es mit Bereitschaftsdiensten aus? Und wie mit Rufbereitschaft?
Dazu schauen wir zuerst einmal, was überhaupt zur Arbeitszeit zählt: Grundsätzlich gilt die Anwesenheit am Arbeitsplatz als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Bei elektronischer Zeiterfassung zählt also die Zeit vom Ein- bis zum Ausstempeln.
Gut zu wissen: Sieht der Arbeitgeber einen Zeitraum als „privat genutzt“ an, ist er in der Beweispflicht. Auch Bereitschaftsdienste zählen in vollem Umfang als Arbeitszeit – und das unabhängig von der Vergütung. Anders sieht es bei einer Rufbereitschaft aus: Hier zählen nur die tatsächlichen Einsatzzeiten zur Arbeitszeit.
So oft Sie wollen, wann Sie wollen?
Nicht ganz …
Die tarifvertragliche Regelung mit der VKA sieht maximal vier Bereitschaftsdienste pro Monat vor - durchschnittlich in einem Zeitraum von sechs Monaten. Erhöht sich die Zahl der Bereitschaftsdienste, steigt die Vergütung. Gleiches gilt für kurzfristige Änderungen des Dienstplanes, denn der muss zur besseren Planung immer für einen Monat im Voraus feststehen. Die so genannten „24-Stunden-Dienste“ sind nur im Team von mindestens zwei Ärzten gestattet.
Die Frage nach der zulässigen Frequenz von Rufbereitschaften lässt sich nicht ganz so eindeutig beantworten, da die reine Rufbereitschaft nicht zur Arzt-Arbeitszeit zählt. Allerdings wird durch jeden Einsatz die gesetzliche Ruhezeit von elf Stunden zwischen den Arbeitstagen unterbrochen. Auch die Regelungen zu freien Arbeitstagen pro Woche und freien Wochenenden pro Monat (für Bereitschaftsdienstleistende) engen die möglichen Zeiträume der Rufbereitschaften ein. Die jeweils gültige Regelung findet sich im Arbeitsvertrag oder relevanten Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen.
Daher lohnt sich bei der Suche nach einem Arbeitsplatz nicht nur ein Gehaltsvergleich, sondern auch eine Gegenüberstellung der Arbeitsbedingungen.
Wir prüfen Ihren Vertrag und sagen Ihnen, wie Sie im Vergleich abschneiden – wenden Sie sich an unser Karrieremanagement. Und sollten Sie einen Arbeitsplatz suchen, der Ihren persönlichen Wünschen und Vorstellungen mehr entspricht, unterstützen wir Sie auch dabei.
Mach mal Pause:
Auszeit, die zusteht
Unter sechs Stunden Arbeitszeit haben Sie arbeitszeitrechtlich Anspruch auf das, was viele Mediziner ohnehin Tag für Tag machen: Keine Pause. Alles darüber hinaus muss mit Pausenzeiten unterbrochen werden – zwischen sechs und neun Stunden Arbeitszeit sind das mindestens 30 Minuten, ab neun Stunden 45 Minuten, die in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt sein müssen. Sie sind in der Notaufnahme, der Rettung oder oft mit langen Operationen betraut? Auch dann sind Pausen eine Frage der Organisation – und eine Frage des Arbeitsgebers.
Wenn der nämlich mit einer so dünnen Personaldecke plant, dass Sie regelmäßig keine Pause machen können, läuft gewaltig etwas schief.
Arbeit vs. Freizeit:
Dürfen Ärzte Hobbies haben?
Sie sind ehrgeizig, Sie arbeiten gerne, Sie wollen unbedingt viele Erfahrungen sammeln und haben eine Menge Energie und Tatkraft. Trotzdem sollten Sie die Zeit für private Dinge nicht aus den Augen verlieren. Ganz gleich, wie gerne Sie Ihren Job auch machen – lassen Sie die Energiereserven erst komplett leer werden, sagen oftmals Überlastung, Burn-out oder Depressionen der ehemaligen Top-Leistung den Kampf an. Deshalb: Nehmen Sie sich von Anfang an wichtig und passen Sie auf, dass Sie regelmäßig Freizeit haben und nutzen. Nur dann können Sie für Ihre Patienten das Optimum an Leistung bringen.
Drei Tipps, die schon in kurzer Zeit positive Effekte bringen:
1. Sagen Sie auch mal Nein!
Kollegen bitten Sie ständig um Hilfe, Probleme werden regelmäßig an Sie weitergegeben, Aufgaben an Sie wegdelegiert – Zeit zu lernen, freundlich, aber bestimmt abzulehnen. Und Sie sollten sich überlegen, ob Sie in einem solchen Klinikum dauerhaft zufrieden sein werden. Wir sind bei der Stellensuche jederzeit behilflich.
2. Planen Sie genügend Zeit für Administratives ein!
Ordnen Sie Ihre Office-Tätigkeiten: Warum legen Sie den Entlassungsbrief des Patienten nicht schon bei Aufnahme an? Dann ergänzen Sie nach und nach – und stehen am Tag selbst nicht vor einen Berg Papierkram.
3. Eine Minute ist besser als keine Minute (noch besser sind 10 Minuten)!
Bleiben Sie fit – und wenn die Zeit nicht für ein ausgedehntes Training ausreicht, machen Sie ein paar Minuten Powerübungen. Nehmen Sie sich diese Zeit bewusst und vernachlässigen Sie sich nicht.
Aber auch die langfristige Lebensplanung sollte nicht zu kurz kommen: Ein wichtiger Aspekt ist inzwischen die Vereinbarkeit von Klinikalltag und Familie – eigene Kinder und der Arztberuf dürfen sich nicht ausschließen. Heute gibt es z.B. tolle Teilzeitmodelle, die Familienleben trotz des anspruchsvollen Jobs ermöglichen. Wir zeigen Ihnen Kliniken, die das bereits jetzt leben. „Quality time“ wird immer wichtiger – das ist die Zeit, die man sich ganz bewusst für Kinder, Partner, Freunde und Familie nimmt und in der es um wirklich gut genutzte Stunden mit Acht- und Aufmerksamkeit sowie Wertschätzung und Beziehungspflege geht. Und das ist auch und gerade für Ärzte, die oft für andere da sein müssen, wichtig und wertvoll.
Karriere ist kein Zufall
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Opt-out-Regelung binnen 6 Monaten kündigen
Arbeitsvertrag bleibt, Überstunden gehen.
Vergessen Sie bei aller Einsatzfreude nicht: Die Opt-out-Vereinbarung ist nicht Bestandteil des Arbeitsvertrages, sondern ein separates Vertragsdokument. Die Vertragsunterzeichnung darf nicht von dieser Regelung abhängig gemacht werden. Das heißt, wenn Arbeitsvertrag und Opt-out-Vereinbarung zeitgleich zur Unterschrift vorgelegt werden, ist dies nicht zulässig. Die Praxis sieht oft anders aus: Bereits im Bewerbungsverfahren wird die Opt-out-Vereinbarung zum Thema (und damit zum Einstellungskriterium) gemacht. Deshalb haben Sie ein gesondertes Widerrufsrecht von sechs Monaten.
Wer sich nach den ersten praktischen Erfahrungen dagegen entscheidet, kann die Opt-out-Regelung innerhalb dieser Frist kündigen. Alle Regelungen aus dem Arbeitsvertrag bleiben hiervon unberührt. Das heißt, dass die wöchentliche Höchstarbeitszeit inklusive der Bereitschaftsdienste auf 48 Stunden begrenzt ist.
Fazit: Auf dem Papier sind Ärzte wie alle anderen Arbeitnehmer durch das Arbeitszeitgesetz geschützt. In der Realität leisten sie zum Wohle der Patienten und aus dem eigenen Pflichtgefühl heraus oft unzählige Überstunden und lassen dabei Ruhezeiten und wöchentliche Höchstarbeitszeiten außer Acht. 60 und mehr Wochenstunden zählen aktuell zu den Alltäglichkeiten im Krankenhausbetrieb.
Ein ungünstiger Arbeitsvertrag als angestellter Arzt kann die Arbeitssituation noch erheblich verschlimmern, wodurch in manchen Fällen nur ein Arbeitgeberwechsel Abhilfe schaffen kann. Informieren Sie sich über vakante Ärztestellen auf unserem Stellenmarkt und finden Sie schnell eine neue, bessere Anstellung.
FAQ –
Opt-out Regelung für Ärzte
Für alle Eiligen haben wir hier die Kurzfassung auf die am meisten gestellten Fragen zusammengefasst.
Was ist die Opt-out-Regelung für Ärzte?
Der Begriff „Opt-out“ ist Englisch und bedeutet „nicht mitmachen“: Die Opt-out-Regelung ermöglicht es Kliniken, ihre Ärzte auch über die Dauer der im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelten Zeiten hinaus zu beschäftigen.
Welche Zeiten sieht das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vor?
Die tägliche Arbeitszeit beträgt laut ArbZG maximal 8 Stunden und kann durch Mehrarbeit auf nicht mehr als 10 Stunden erhöht werden. Dabei darf die maximale Wochenarbeitszeit nicht mehr als 48 Stunden betragen, zwischen Arbeitstagen sind jeweils 11 Stunden ununterbrochene Ruhezeit einzuhalten.
Was bedeutet die Regelung des Marburger Bundes aus 2019?
Der Tarifabschluss sieht unter anderem eine Senkung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 58 auf 56 Stunden bei einer Opt-out-Vereinbarung vor. Grundsätzlich ist laut der EU-Verordnung die Obergrenze von 60 Stunden für alle Klinikbetreiber verpflichtend.
Was zählt zur Arbeitszeit bei Ärzten?
Die Anwesenheit am Arbeitsplatz gilt als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Bei elektronischer Zeiterfassung zählt somit die Zeit vom Ein- bis zum Ausstempeln. Bereitschaftsdienste zählen in vollem Umfang als Arbeitszeit, unabhängig von der Vergütung. Bei einer Rufbereitschaft werden nur die tatsächlichen Einsatzzeiten zur Arbeitszeit gerechnet.
Welche Pausenzeiten stehen Ärzten zu?
Keine Pause unter sechs Stunden Arbeitszeit, zwischen sechs und neun Stunden Arbeitszeit mindestens 30 Minuten, ab neun Stunden 45 Minuten, die in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt sein müssen.
Kann man eine Opt-out-Regelung kündigen?
Ja, aber nur in den ersten sechs Monaten ab Unterzeichnung. Die Opt-out-Vereinbarung ist nicht Bestandteil des Arbeitsvertrages, sondern ein separates Vertragsdokument. Alle Regelungen aus dem Arbeitsvertrag bleiben vom Widerruf unberührt. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit inklusive der Bereitschaftsdienste ist wieder auf 48 Stunden begrenzt.