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Der Ratgeber
von BeyondHealth
Dr. Know beleuchtet die Themen, die angehende und praktizierende Mediziner bewegen: Vom Jobwechsel über die Facharztwahl bis zum Klinikalltag.

Tabu-Thema Kommunikation zwischen Arzt und Pflegepersonal:


Rollenverteilung im Krankenhaus –
Ansage oder Augenhöhe?

Kennen Sie das „Doctor-Nurse-Game“? Nein, wir meinen keine Szene aus 50 Shades of Grey, sondern eine recht betagte Abhandlung Leonard Steins, in der er 1967 den Klassiker beschreibt: Das stereotype Bild des männlichen, leitenden Arztes und der weiblichen, dienenden Krankenschwester. Es besagt, dass die Schwester dezent Vorschläge einbringt, ohne offen zu sagen, dass es ein Vorschlag ist.
Der Bestimmende, also der Arzt, kann dies annehmen, ohne dass seine eigene Entscheidungskraft als Halbgott in Weiß geschwächt wird. Beide spielen ein Spiel, das ihrer Rolle entspricht – und meilenweit entfernt ist von einer offenen Kommunikation im Dialog.
Arzt und Pflegepersonal: Nerviges Spannungsverhältnis oder erfolgreiches Teamwork?
Für eine bessere Lesbarkeit wird in unserem Ratgeber auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten immer gleichermaßen für alle Geschlechter.

Arzt und Pflegepersonal: Nerviges Spannungsverhältnis oder erfolgreiches Teamwork?

Wann Probleme auf Station vorprogrammiert sind
Keine Frage, die Professions- und Geschlechterrollen haben sich stark verändert – das skizzierte Klischee aus allwissendem Arzt mit wehendem Kittel und fürsorglicher Schwester, die ihm lächelnd hinterherräumt, wird von neuen Teamkonstellationen und Hierarchien abgelöst. Inzwischen liegt der Anteil an Medizinstudentinnen laut Ärzteblatt bei mehr als 60 Prozent, der Männeranteil in der Pflege nimmt ebenfalls stetig zu, auch wenn er noch deutlich geringer ausfällt. Interprofessionelle Kommunikation bekommt damit eine andere Bedeutung – und braucht dringend Strukturen.
Ein neues Miteinander ist gefragt: Gerade der Pflegeberuf erfährt aktuell eine zunehmende Professionalisierung. Und auch eine Akademisierung, denn neue Pflegestandards und die steigende Zahl anspruchsvoller Werdegänge wie zum Beispiel Pflegewissenschaften, Pflegemanagement etc. verändern Ausbildungswege und damit letztlich auch den Status. Pflegekräfte wissen, dass sie wichtig sind und was sie können – und treten deutlich selbstbewusster auf. Sie fordern Wertschätzung ein, Verbindlichkeit und Augenhöhe. Nicht selten führt dieses neue Selbstverständnis zu Kommunikationsproblemen, die gerade jungen Assistenzärzten zu schaffen machen. Darüber wird nur selten gesprochen, da der Umgang auf Station immer noch ein Reizthema ist, bei dem man sich vermeintlich keine Schwäche leisten darf. Assistenzärzte sind eben letztlich auch nur unerfahrene Berufsanfänger, deren Chefs erwarten, dass sie irgendwie zurechtkommen. In vielen Krankenhäusern scheint es nicht zuletzt aufgrund einer solchen Tabuisierung reine Glückssache zu sein, welches Klima man auf seiner neuen Station erwischt – ob ein wertschätzendes Miteinander gepflegt wird oder man still und leise (oder sogar laut schimpfend) nebeneinander und aneinander vorbei arbeitet.

Wahrheit oder glatt gelogen?
Teamwork makes the dream work …

Traum oder Alptraum, das ist hier die Frage! Wenn zwei oder mehr Personen in irgendeiner Form zusammenarbeiten, sind Konflikte vorprogrammiert.
Im medizinischen Bereich können Missverständnisse und Streitigkeiten aber besonders negative Auswirkungen haben, denn ein Konflikt zwischen Arzt und Pflegepersonal wird oft auf dem Rücken der Patienten ausgetragen – und die sollten immer Vorrang haben! Sie treten als junger Assistenzarzt Ihre erste Stelle in einer Klinik an? Dann bereiten Sie sich nicht nur fachlich vor, sondern rechnen Sie auch mit Situationen, die ein erhebliches Konfliktpotenzial bereithalten.
Vergessen Sie nie: Mit Ihrem eigenen Verhalten nehmen Sie Einfluss auf die Reaktionen anderer.

Neu im Arzt-Job:

3 Fragen, 3 Antworten

1.

Wo endet meine Tätigkeit als Arzt, wo beginnt die der Pflegekräfte?
Eine sehr gute Frage! Teilweise sind die Aufgaben nicht nur von Haus zu Haus, sondern sogar von Station zu Station in ein und derselben Klinik unterschiedlich geregelt. Zu Anfang ist das eine riesige Stolperfalle – gerade bei Injektionen, Antibiosen etc. bestehen oft große Unterschiede, was in wessen Kompetenzbereich fällt. Beobachten Sie, was das Zeug hält und verschaffen Sie sich so einen Überblick über die Abläufe, bevor Sie einfach Ihr Ding machen.

2.

Wer erledigt (Bürokratie-) Aufgaben, die alle als lästig empfinden und die niemandem eindeutig zugeordnet werden können?
Im Zweifel greifen Sie erst einmal selbst zu Locher, Tacker oder Kanüle. Delegieren Sie keine Aufgaben, die Sie nicht sicher Ihren Pflegekräften zuordnen können und erkundigen Sie sich bei erfahrenen Kollegen, welche (Zu-)Arbeiten auf Ihrer neuen Station von den Pflegern durchgeführt werden. Hier lauern Fettnäpfchen, die Ihnen schnell als Arroganz und Geringschätzung ausgelegt werden – ist der Ruf erst ruiniert …

3.

Warum werden meine Anweisungen nicht oder nicht vollständig befolgt?
Dass der Ton die Musik macht (auch wenn die Zeit knapp ist), wissen Sie. Aber auch Ihr Sprachstil hat Einfluss darauf, ob und wie Sie verstanden werden. Ärzte und Pflegekräfte haben oft ein ganz unterschiedliches Kommunikationsverhalten gelernt – während Pflegende eher ganzheitlich beschreiben, auf emotionale Intelligenz und die Wahrnehmung von Gefühlen geschult wurden, kommunizieren Ärzte häufig lieber objektiv, sachbezogen und prägnant. Versuchen Sie, verständlich zu sein.

Krankenhaushierarchie im Überblick

Wer ist hier der Boss?
Sie haben ein langes, intensives Studium hinter sich und Ihre Approbation in der Tasche. Während der Famulatur in Ihrem praktischen Jahr haben Sie den Klinikalltag kennengelernt und Ihr Know-how praktisch erweitert. Ihr Fachwissen ist auf dem neuesten Stand. Sie sind qualifiziert, jetzt möchten Sie noch mehr dazulernen und Ihre Fähigkeiten erweitern.
Die Pflegenden, mit denen Sie auf Ihrer Station zu tun haben, machen diesen Job teilweise schon jahrelang. Ganz unabhängig davon, wie die Hierarchie im Krankenhaus gestaltet ist, treffen hier also immer Frischlinge auf alte Hasen. Nun hängt es von beiden Seiten ab, wie die gemeinsame Arbeit abläuft. Betrachten Sie sich generell als Teil eines Teams und nicht als Vorgesetzter, nur weil Sie Arzt sind und die anderen „nur“ Pfleger oder Krankenschwester.

Pflegedienstleitung (PDL)

Bereichs- oder Stationsleitung

Gesundheits- und Krankenpfleger

Krankenpflegehelfer

Krankenpflegeschüler

Krankenpflegepraktikanten

Medizinstudium vs. Klinikalltag

Mit der Pflegedienstleitung haben Sie nur wenig zu tun. Sie sollten aber wissen, wer diese Position innehat. Je nachdem, wie groß die Klinik und die entsprechenden Abteilungen sind, kann die Stationsleitung gesplittet sein, oder es gibt noch eine Stellvertreterin.
Wir suchen gemeinsam mit Ihnen eine Klinik, in der die Chemie stimmt. Testen Sie kostenlos und unverbindlich unser Karrieremanagement für Assistenzärzte.

Karriere ist kein Zufall

Wir unterstützen Sie bei der richtigen Karriereplanung. Wir finden für Sie die Jobs, die wirklich zu Ihnen passen und begleiten Sie bis zur Vertragsunterzeichnung.
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Jetzt wird’s formell:

Anordnungs- und Durchführungsverantwortung
Vorweg: Bei der Anordnungs- und Durchführungsverantwortung in der Pflege kommt es nicht nur auf klare Anweisungen an, sondern auch auf den passenden Ton. Grundsätzliche Höflichkeitsformen wie „bitte“ und „danke“ tun auch Ihnen als Arzt nicht weh und bilden die Grundlage für ein verständiges Miteinander.

Als Arzt verfügen Sie über die Anordnungsverantwortung und delegieren Aufgaben. Die Pflegekraft trägt die Durchführungsverantwortung und kann Aufgaben ablehnen, die entweder offensichtlich falsch sind oder ihrem Ausbildungsstand nicht entsprechen. Hinzu kommen noch die nicht-delegierbaren ärztlichen Aufgaben, die nur Ihnen als Arzt zugewiesen sind. Die Anordnungs- und Durchführungsverantwortung in der Pflege führt oft zu einem Konflikt – Arzt und Krankenschwester müssen aber zum Wohle der Patienten an einem Strang ziehen. Sind Zuständigkeiten nicht klar definiert oder werden Absprachen nicht eingehalten, führt dies zu Problemen. Klare Einteilungen und eine gute Kommunikation sind hier unerlässlich!

Es gibt keinen Grund, sich überlegen zu fühlen
Bedenken Sie immer, dass Sie im gleichen Bereich arbeiten, nur mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Sie sind als Arzt nicht besser, sondern haben einfach eine andere Funktion. Behandeln Sie Mitarbeiter in der Pflege nicht als Hilfskräfte, sondern achten Sie auf einen respektvollen Umgang und begegnen Sie dem Pflegepersonal mit Wertschätzung. Bei bestimmten Arbeiten kennt sich eine Pflegekraft ohnehin besser aus als ein (Assistenz-)Arzt – denken Sie etwa an Verbandstechniken oder an die Wundversorgung. Eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist hier absolut zielführend.

Fünf Tipps für Ihre innere Haltung - und für eine bessere Zusammenarbeit:

Machen Sie sich die Bedeutung von Wertschätzung bewusst, verinnerlichen Sie eine kooperative Grundhaltung. Sehen Sie die andere Berufsgruppe mit Wohlwollen, als Freund statt Feind.
Leben Sie Ihre Überzeugung, dass es etwas Gutes ist, Wissen zu teilen und sich dadurch gemeinsam zu entwickeln. Keiner muss dem anderen etwas beweisen.
Stellen Sie übergeordnete Ziele vor persönliches Befinden: Ihr Ziel ist es, der Organisation im Ganzen und dem Patienten im Speziellen zu nutzen – nicht die Befriedigung Ihrer Befindlichkeiten.
Tragen Sie Konflikte mit dem Pflegepersonal nie vor Patienten aus! Nehmen Sie sich immer die Zeit, das unter vier Augen in Ruhe zu besprechen. Lassen Sie Ihr Gegenüber dabei zu Wort kommen und bleiben Sie sachlich.
Lassen Sie es gut sein: Eine Fähigkeit, die man lernen kann. Nachtragend zu sein hilft nicht weiter, manchmal ist es besser, eine Situation einfach ruhen zu lassen und aufs Recht haben zu verzichten.

Es knallt woanders?

Stopp! Nicht Ihre Baustelle!
Auch bei Konflikten unter dem Pflegepersonal ist eine sachliche Vorgehensweise wichtig. Es ist aber generell die Aufgabe der Stationsleitung, solche Konflikte zu bereinigen – nicht Ihre! Sie haben genug mit eigenen Konflikten oder denen in Ihrem Team zu tun. Mischen Sie sich also nicht in Dinge ein, die nicht zu Ihrem Kompetenzbereich als Assistenzarzt gehören, denn auch das wird zumeist nicht gerne gesehen.

(K)Ein neues Problem?

„Stark optimierungsbedürftig“ nannte schon vor 20 Jahren der Abschlussbericht eines Modellprojekts von Bundesärztekammer und Deutschem Pflegerat die Kommunikation zwischen Ärzten und Pflegekräften. Bis heute hat sich daran vielerorts nicht viel geändert.

Assistenzarzt-Fettnäpfe

So verscherzen Sie es sich in Rekordzeit mit der kompletten Station
  • 1. Schauen Sie beim Reden niemanden an. Ignorieren Sie, wenn jemand aus der Pflege etwas sagt und führen Sie einfach Ihren Gedankengang weiter.
  • 2. Erscheinen Sie niemals pünktlich zur Visite und halten Sie auch sonstige Absprachen nicht ein.
  • 3. Rufen Sie im Vorbeigehen einen genuschelten Halbsatz ins Schwesternzimmer und verschwinden Sie schnellstmöglich wieder von der Bildfläche.
  • 4. Sprechen Sie in Hörweite der anderen Berufsgruppe über dieselbige statt mit ihr.
Zukunftsmusik:

Was tun Kliniken gegen den Zeitfresser Kommunikationsproblem?

Viele Häuser haben das Problem erkannt und verschiedene Projekte und Strukturveränderungen auf den Weg gebracht, um die Kommunikation zwischen Ärzten und Pflegenden bewusst zu sensibilisieren. Schließlich gilt es, einen wirklich wichtigen Baustein im Klinikalltag zu verbessern – funktioniert es hier nicht, sind die Konsequenzen tragisch. Kann man über eine verzögerte Behandlung vielleicht noch eben hinwegsehen, wird es bei Fehldiagnosen und Patientenbeeinträchtigungen richtig kritisch. Doch auch die Konsequenzen auf der Station selbst sind nicht zu unterschätzen: Schlecht gelaunte Menschen arbeiten unproduktiver, die Krankheitstage steigen, die Fluktuation auch, die Gefahr von Burn-Out nimmt zu.
Die Ansätze, es soweit nicht kommen zu lassen, sind vielfältig und reichen von der Implementierung einer festen und regelmäßigen Teambesprechung bis hin zu Kommunikationstrainings. Gemeinsame Bildungsangebote für Ärzte und Pflegende leisten ebenfalls eine wichtigen Beitrag, denn wenn man Seite an Seite lernt, stärkt das den Zusammenhalt und das Verständnis für die Wahrnehmung des anderen.

Oft gestellte Fragen

Für alle Eiligen haben wir hier die Kurzfassung auf die am meisten gestellten Fragen rund um die Kommunikation zwischen Arzt und Pflegepersonal zusammengefasst. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihre Bewerbung und sind bei weiteren Fragen gerne für Sie da!
Warum haben Ärzte und Pflegende Kommunikationsprobleme auf Station?
Die Rollen haben sich stark verändert – das Klischee aus allwissendem Arzt und fürsorglicher Schwester existiert nicht mehr. Der Anteil an Medizinstudentinnen liegt bei mehr als 60 Prozent, der Männeranteil in der Pflege nimmt ebenfalls stetig zu. Interprofessionelle Kommunikation bekommt damit eine andere Bedeutung und braucht dringend Strukturen.
Wie verändert sich der Pflegeberuf aktuell?
Der Pflegeberuf erfährt eine zunehmende Professionalisierung und Akademisierung, denn neue Pflegestandards und die steigende Zahl anspruchsvoller Werdegänge wie zum Beispiel Pflegewissenschaften, Pflegemanagement etc. verändern Ausbildungswege und damit letztlich auch den Status.
Wo endet die Tätigkeit als Arzt, wo beginnt die der Pflegekräfte?

Teilweise sind die Aufgaben nicht nur von Haus zu Haus, sondern sogar von Station zu Station in ein und derselben Klinik unterschiedlich geregelt. Oft bestehen große Unterschiede, was in wessen Kompetenzbereich fällt. Es hilft, sich bei erfahrenen Kollegen zu erkundigen, welche (Zu-)Arbeiten auf Station von den Pflegern durchgeführt werden.

Wie sieht eine typische Hierarchie im Krankenhaus aus?
Ganz oben steht die Pflegedienstleitung (PDL), es folgen Bereichs- oder Stationsleitung, dann die Gesundheits- und Krankenpfleger, Krankenpflegehelfer, Krankenpflegeschüler und zum Schluss kommen die Krankenpflegepraktikanten. Je nachdem, wie groß die Klinik und die entsprechenden Abteilungen sind, kann die Stationsleitung gesplittet sein.
Was besagt die Anordnungs- und Durchführungsverantwortung?

Ein Arzt verfügt über die Anordnungsverantwortung und delegiert Aufgaben. Die Pflegekraft trägt die Durchführungsverantwortung und kann Aufgaben ablehnen, die entweder offensichtlich falsch sind oder ihrem Ausbildungsstand nicht entsprechen. Hinzu kommen noch die nicht-delegierbaren ärztlichen Aufgaben, die nur Ihnen als Arzt zugewiesen sind. Klare Einteilungen und eine gute Kommunikation sind hier unerlässlich.

Wie wollen Kliniken das Problem der schlechten Kommunikation zwischen Ärzten und Pflegepersonal lösen?
Die Ansätze sind vielfältig und reichen von der Implementierung einer festen und regelmäßigen Teambesprechung bis hin zu Kommunikationstrainings. Gemeinsame Bildungsangebote für Ärzte und Pflegende leisten ebenfalls eine wichtigen Beitrag, denn wenn man gemeinsam etwas Neues lernt und Erfahrungen sammelt, stärkt das das Verständnis für den anderen.